Achtung Achtung!

Die ESH hat nun eine neue eigene Plattform (abrufbar im Menü unter "Enthinderung"). Auf absehbare Zeit wird jene Plattform aktueller gestaltet sein als diese hier.

Die Patientenverfügung als Absicherung der Selbstbestimmung

Volljährige selbstbestimmt lebende Autisten sind in Deutschland zum Glück nur in sehr wenigen Fällen von Zwang durch Ärzte betroffen. Deswegen war das Thema der Patientenverfügung lange Zeit nicht von besonderem Interesse. Nachdem jedoch vor einiger Zeit gerichtlich festgestellt wurde, daß es keine gesetzliche Grundlage für die Zwangsbehandlung Erwachsener gab (auch solcher nicht, die unter gerichtlich bestellter Betreuung lebten) war auch unser Interesse geweckt, da das selbstverständlich auch für Autisten zutraf, die bis heute in erschütternder Anzahl unter menschenunwürdigen Lebensumständen abgeschottet in Einrichtungen interniert sind - oft ohne selbst ernsthaft an der Entscheidung mitgewirkt zu haben.

Vor einigen Wochen nun hat die deutsche Regierung die Legalisierung der Zwangsbehandlung auf den Weg gebracht, obwohl dies ein eindeutigen Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention darstellt, was auch die Einschätzung des Deutschen Instituts für Menschenrechte ist. Nach diesem erschütternden wie auch unnötigen Signal der deutschen Politik sehen wir einen geeigneten Anlaß die Patientenverfügung auch in diesem Rahmen zu empfehlen.

Informationen zum hier als Ausgangspunkt genutzten kostenlos verfügbaren aber zwecks Vermeidung von öffentlicher Begriffsverwirrung markenrechtlich geschützten Formular "PatVerfü" finden sich hier: http://www.patverfue.de/formular

Ein geeigneter einheitlicher Text bietet allen Nutzern den Vorteil, daß zu erwartende gerichtliche Entscheidungen relativ einfach auf eine große Anzahl von Nutzern übertragbar sind. Die PatVerfü ist also eine spezielle Version des rechtlichen Instruments "Patientenverfügung".

Warum also sollte ein Autist für sich eine Patientenverfügung erarbeiten?

Um sich vor willkürlichen Fehldiagnosen zu schützen, die leider im mehr und mehr profitorientierteren Klinikwesen immer öfter vorkommen. Die Medizin hat bei vielen Deutschen noch einen erstaunlich guten Ruf, wenn man die mittlerweile erdrückende Menge glaubhafter Informationen über Gleichgültigkeit, Korruption, mafiöse Praktiken von Pharmakonzernen einschließlich einer großen Anzahl von durch diese mit riesigem Aufwand geförderter parteiischer Gefälligkeitsforschung die bis hin auf die Diagnosekriterien Einfluß nimmt, etc. zur Kenntnis nimmt.

Es gibt gute Gründe zu dieser "Wissenschaft" auf Distanz zu gehen deren Praktiker erstaunlich oft vom für ihr Fach geltenden Diagnosesystem insgeheim selbst kaum überzeugt sind und Diagnosen mehr für die Abrechnung mit den Krankenkassen vergeben. Und sei es nur der, daß die Psychiatrie mitunter sehr leichtfertig mit Substanzen hantiert, die auch nur bei kurzer Einnahme schwerste dauerhafte Gesundheitsschäden zur Folge haben können und nachweislich die statistische Lebenserwartung massiv verkürzen.

Auch Personen die in irgendeiner Weise als lästig empfunden werden, können, wenn die unglücklichen Umstände sich aneinander reihen, ins Visier der Psychiatrie geraten, die seit ihrer Entstehung immer auch als Ordnungsmacht agierte, was heute allerdings den Menschenrechten nicht mehr entspricht. Der Fall Gustl Molath kann hier symbolisch als Beispiel für die bis heute vorliegende Problemlage dienen. Auch Autisten könnten theoretisch hiervon betroffen sein, wenn auch hier die Praxis eher Entwarnung gibt.

Aber viele Autisten möchten sich gerne sicher fühlen. Für diese Autisten ist die Patientenverfügung samt ihrer rechtlichen Grundlagen eine Möglichkeit dem eigenen Willen für die Zukunft Ausdruck zu verleihen.

Achtung, dieses Thema hat sich als besonders widerborstig erwiesen. Die ab hier folgenden Ideen stellen lediglich den aktuellen Stand dar und werden vermutlich in absehbarer Zeit noch genauer überarbeitet, wenn einige Überlegungen abgeschlossen sind. Daher dürfte es sinnvoll sein später nocheinmal auf dieser Seite nach dem Stand zu schauen.

Hinweis: Sollte eines der untenstehenden Module integriert werden, handelt es sich nicht mehr um eine Patientenverfügung der Einheitsvorlage "PatVerfü". In diesem Fall sind also die Teile der Vorlage zu entfernen, die die Patientenverfügung als "PatVerfü" kennzeichnen. Also insbesondere alles, was nach dem Satz: "Das Original des Attests befindet sich in meinen Unterlagen" im allerletzten Abschnitt steht, bitte löschen.

Da für Autisten mitunter spezielle Faktoren zu berücksichtigen sind, erwägen wir sinngemäß folgende zusätzliche Module, die ggf. auch in einem seperaten Zusatzdokument festgehalten werden könnten:

Zitat:
"Eine Patientenverfügung kann üblicherweise mündlich widerrufen werden. Diese Möglichkeit räume ich nicht ein, um mich gegen die Unsicherheit zu schützen im Zweifel eine Beweisführung über stattgefundene oder nicht stattgefundene mündliche Aussagen anzustellen. Zudem möchte ich solche Entscheidungen in Ruhe zuhause bedenken können und erkläre hiermit alle Aussagen, die ich eventuell tatsächlich unter äußerem Druck treffe für nichtig. Somit kann diese Patientenverfügung gemäß meines Willens nur gültig geändert werden, wenn ich einige Tage zuhause alleinegelassen wurde und ausgiebige Gelegenheit hatte mich mit Freunden und Vertrauten auszutauschen und dies durch mich selbst schriftlich geschieht. Die Béweispflicht hierfür liegt beim Behandelnden. Die möglichen Folgen entsprechen sämtlich ausdrücklich meinem Willen."

oder unter Nennung der Diagnose "Autismus"

Zitat:
"Eine Patientenverfügung kann üblicherweise mündlich widerrufen werden. Diese Möglichkeit räume ich nicht ein, um mich gegen die Unsicherheit zu schützen im Zweifel eine Beweisführung über stattgefundene oder nicht stattgefundene mündliche Aussagen anzustellen. Zudem möchte ich als Autist solche Entscheidungen in Ruhe zuhause bedenken können und erkläre hiermit alle Aussagen, die ich eventuell tatsächlich unter äußerem Druck treffe für nichtig, da ich mich aufgrund meiner autistischen Veranlagung, also meiner empfindlichen Sinneswahrnehmung, nur unter nach Maßgabe der Enthinderungsselbsthilfe von Autisten für Autisten - ESH ( http://autisten.enthinderung.de ) barrierefreien Rahmenbedingungen ausreichend konzentrieren kann. Auch ich als Autist habe das Recht Entscheidungen unter geeigneten Umständen zu treffen. Somit kann diese Patientenverfügung gemäß meines Willens nur gültig geändert werden, wenn ich einige Tage zuhause alleinegelassen wurde und ausgiebige Gelegenheit hatte mich mit Freunden und Vertrauten auszutauschen und dies durch mich selbst schriftlich geschieht. Die Béweispflicht hierfür liegt beim Behandelnden. Die möglichen Folgen entsprechen sämtlich ausdrücklich meinem Willen."

Zu erwägen wäre eine Liste von Vertrauenspersonen zu integrieren, von denen mindestens eine eine gültige Änderung der Verfügung bezeugen muß.

Die Patientenverfügung verbietet auch die psychiatrische Untersuchung in Hinblick auf eine Autismusdiagnose. Wenn bereits eine solche vorliegt, wird verboten den konkreten Zustand zu untersuchen. Eine vorhandene Autismusdiagnose für sich rechtfertigt bekanntlich keinen rechtlichen Zwang. Weitere frühere Feststellungen dürften formal gesehen nicht auf die Gegenwart übertragen werden. Das sollte bedacht werden, denn jeder Besuch beim Neurologen konterkariert die persönliche Patientenverfügung hin zur rechtlichen Frage: Gilt sie noch, wenn doch erwiesenermaßen nach dem angegebenen Datum freiwillig etwas gesucht und zugelassen wurde, das dem Verfügungstext widerspricht? Eine mögliche Lösung wäre die nochmalige Unterschrift an jedem Folgetag.

Alternativ kann in einer modifizierten Patientenverfügung natürlich auch ausdrücklich der Bereich der Autismusdiagnosen aus dem diagnostischen Verbotskatalog ausgeklammert werden.

Für diejenigen, die speziell Psychodrogen ablehnen und zu Recht ihre Folgen fürchten, beziehungsweise die fragwürdigen biologistischen Ansätze kritisch sehen, wäre ein weise formuliertes weltanschauliches Modul erwägenswert (Vorsicht, das kann auch nach hinten losgehen, wenn man einen Fehler macht!).

Beispielsweise könnte ein Christ soetwas ergänzen:

Zitat:
"In meiner festen persönlichen religiösen Überzeugung kann ich nicht anders als nach gewissenhaften Studium der Heiligen Schrift aus der Tatsache der Verdammung von φαρμακεια (pharmakeia) im griechischen Grundtext mehrerer Bibelstellen für mich die Gabe von pharmazeutischen Produkten gegenüber den Maßstäben der weltlichen Medizin auf einen weit geringeren Einsatzbereich zu begrenzen. Vor allem aus dem Galaterbrief Kapitel 5, Vers 20 ("Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind: Hurerei, Unreinigkeit, Ausschweifung, Götzendienst, Pharmazie [häufig falsch mit "Zauberei" übersetzt], Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Spaltungen, Neid, Totschlag, Trunkenheit, Gelage und dergleichen, von denen ich euch vorhersage, gleichwie ich auch vorhergesagt habe, daß, die solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden.") ist klar zu entnehmen, daß Pharmazie nicht nur einfach kritisch betrachtet werden muß, sondern damit in Verbindung gebracht wird, daß jemand der solches tut nicht in das Reich Gottes eingeht. Dieser Zusammenhang ist in religiöser Hinsicht so schwerwiegend, daß es als auch mit Verweis auf die Religionsfreiheit als unzumutbar betrachtet wird nach den üblichen weltlichen medizinischen Gepflogenheiten behandelt zu werden.

Im Gebet bin ich so zu der Überzeugung gelangt, daß jede Anwendung pharmazeutischer Erzeugnisse im Fremdermessen von mir abgelehnt werden muß - mit Ausnahme von Körperpflegemitteln wie z.B. Seife und auf körperliche (nicht "seelische") Schmerzen zielenden Schmerzmitteln, wie sie beim Zahnarzt oder Krebspatienten mit starken körperlichen Schmerzen angewandt werden."

Kritische Anmerkungen und Alternativvorschläge sind willkommen.