Achtung Achtung!

Die ESH hat nun eine neue eigene Plattform (abrufbar im Menü unter "Enthinderung"). Auf absehbare Zeit wird jene Plattform aktueller gestaltet sein als diese hier.

Chancen und Risiken einer frühen Diagnostik

Frühe Diagnostik wird heute oft ausschließlich positiv gezeichnet. Diese Darstellung geht wie selbstverständlich davon aus, daß die Kenntlichkeit der Zugehörigkeit zu einer Minderheit die Lage einer Person verbessert. Diese Annahme ist jedoch wider jede praktische Erfahrung in einer Situation gesellschaftlicher Diskriminierung.

Merkwürdig mögen Autisten sicherlich auch als ungekennzeichnetes Individuum auf ihr Umfeld gewirkt haben, doch dadurch wurden sie noch lange nicht in einer Qualität ausgegrenzt, wie dies nach einer offiziellen Zuordnung in eine gesellschaftlich offen pathologisierte Minderheitengruppe der Fall sein kann und oft tatsächlich ist. Wer früher als Individuum wahrgenommen wurde, der wird nach einer Diagnose schnell mit allgemeinen Klischeevorstellungen abgetan. Es findet deutlich weniger Auseinandersetzung mit dem Individuum statt. Die Person wird nun als anders gedacht, als fremder und ferner empfunden. Menschliche Begegnung wird in erheblichem Maß durch das Denkschema der Diagnose verhindert und muß zwangsläufig schwere Folgen gerade bei Menschen in jungen Jahren nach sich ziehen.

Andererseits zeigt die Diagnose tatsächlich vorhandene Andersartigkeit auf und kann helfen wichtige Zusammenhänge zu verstehen und den Alltag eines autistischen Kindes passender zu gestalten. Das kann in dem Maße eine Chance sein, in welchem die angewandten Informationen richtig sind, richtig verstanden werden und fair, statt zur Ausübung von Druck und Unterdrückung angewendet werden.

Eine Diagnose kann gerade bei Kindern zur Folge haben, daß ihre Bildungschancen massiv verschlechtert werden. Angefangen vom Kindergarten werden Autisten mit Diagnose oft rüde ausgegrenzt und aus allgemeinen Einrichtungen ausselektiert (Siehe Diskrimierungen im Bildungswesen). Das Bekanntsein einer Diagnose in der Familie und bei Behörden kann lebenslange Ausgrenzung zur Folge haben. Autisten sind sensibel und nehmen auch latente und auch "lächelnde" Ausgrenzung oft sehr deutlich zur Kenntnis, wenn es auch ihren Mitmenschen oft nicht so zu sein scheint, da sie sich mit ihrer Körpersprache anders ausdrücken und daher oft mißverstanden werden.