Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 55555 am Dienstag 5. Mai 2009, 14:55

Daß Höflichkeit Abgrenzung und eben nicht Rücksichtnahme auf andere ist kommt denke ich gut zur Geltung, wenn man interkulturelle Vergleiche anstellt:
Hier bin ich nun doch ein wenig verstört, als ein elegant gekleideter Mann am Nebentisch auf einmal geräuschvoll die Nase hochzieht. Später erklärt Andreas mir, dass dies in Japan tatsächlich weitaus höflicher ist, als sich die Nase zu putzen.

Quelle
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Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Bluna am Dienstag 5. Mai 2009, 15:39

Das könnte man auch anders formulieren und sagen:In Japan ist es unter Berücksichtigung kultureller Gepflogenheiten, rücksichtsvoller das Nasensekret hochzuziehen,als sich die Nase zu putzen.
Ich würde gerne nochmal in dem Zusammenhang wissen,ob es so etwas wie eine aktive Unhöflichkeit gibt.
Ausserdem kann ich mir noch nicht die Ausgrenzung vorstellen,die dann erfolgt.
Vielleicht hängt es damit zusammen,dass mir die Eingrenzung, in welche Gruppen auch immer, nicht so wichtig ist.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 55555 am Dienstag 5. Mai 2009, 16:24

Mir zeigt dieses Beispiel, daß diese Höflichkeitsfestlegungen rein willkürlich sind. Beide widersprechen sich. Es geht hier also nicht um Dinge, die naturgegeben anstößig sind, sondern sie wurden kulturell als solche offenbar anerzogen. Wenn nun ein Japaner sich abgestoßen fühlt von dem was anderswo als höflich gilt, so geht es für ihn nicht um Rücksichtnahme auf andere Menschen, sondern darum, daß er in einem an sich sinnlosen kulturellen Rudeldenken gefangen ist und dies über die Rücksichtnahme gegenüber anderen stellt. Höflichkeit errichtet Schwellen, sie erschwert den Umgang miteinander, indem völlig sinnlos irgendwelche Abläufe tabuisiert werden, die an sich niemanden weh tun würden, wenn man sie nicht durch Erziehung eben als anstößig vermittelt hätte. Das trennt freilich Menschen und hat mit Rücksichtnahme nichts zu tun. Rücksichtnahme ist allenfalls eine erlogene Selbstlegitimation dafür solche unsinnigen Hindernisse moralisch als legitim darzustellen.

Interkulturelle Studien dienen u.a. dazu Geschäften in einem fremden Kulturkreis durch Studium solcher Sinnlosigkeiten mehr Erfolg zu verschaffen. Diese Studien haben zum Ziel die durch Höflichkeit errichteten Hürden zu überwinden.

Aktive Unhöflichkeit wäre dann wohl wieder zu definieren, vor allem, da es keine universelle Höflichkeitssystematik gibt. Jede solche Systematik wird in "der Fremde" eventuell zur aktiven Unhöflichkeit, wenn man sich durch das eigene System den anderen überlegen wähnt, da man ja die eigenen als wichtig auswendig gelernten Lächerlichkeiten im Gegensatz zum Fremden beherrscht.
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Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Viktor am Mittwoch 6. Mai 2009, 11:35

Ich bin mal wieder in eine Grube von klassischen Borderlinern gefallen, so wie ich meine Mutter und Schwester kannte (ich ziehe sie immer wieder an, besonders die, die sich fuer unfehlbar halten und Gedankenspruenge gar nicht dulden.) Schnell wendbare Gemuetsrichtungen, eben noch hoeflich, wusch schon hat man wieder eines sitzen gehabt. Greift man zurueck an, ein riesen Geschrei, dann die Ironie-Nummer und dann einen ins laecherliche ziehen, um erneut zu provozieren und dann so tun, "Was willst Du denn? War doch nichts?". Jedenfalls spielen diese Menschen mit der Hoeflichkeit, sie ist meiner Meinung nach nicht echt. Kenne ich von mir selbst auch, das meine Hoeflichkeit ab und an reine Verarsche ist, um damit was zu erlangen.

Die Hoeflichkeit selbst ist keine Persoenlichkeitsstoerung, aber was einige aus ihr machen, ist eine andere Sache.

Das heisst, das ich hoeflichen Worten sehr sehr selten Glauben schenke und auch gerne mal austeste, wie Menschen noch so reagieren, wie lange deren Hoeflichkeit Bestand hat.
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Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Bluna am Donnerstag 7. Mai 2009, 10:06

Für mich sind solche höflichen Umgangsformen genauso sinnvoll,oder sinnlos,wie das Essen mit Messer und Gabel.
Vielleicht kann man ja zur Verdeutlichung der These,dass Menschen deswegen ausgegrenzt werden ,ein paar Beispiele anführen?
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 55555 am Donnerstag 7. Mai 2009, 22:56

Was für Beispiele stellst du dir vor?
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Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Bluna am Freitag 8. Mai 2009, 09:25

Ich hatte mal eine Begegnung mit einem alten Schulkameraden,der sich sehr befremdet darüber äußerte,dass ich ihn zur Begrüßung nicht umarmen wollte.Er hielt das im Sinne der Höflichkeit für angemessen,sich zu umarmen.
Ehrlich gesagt ist mir das schnurz was er da denkt.
Der kann mich von mir aus für schräg halten,ich ihn auch.
Ich bräuchte mehr Beipiele für Ausgrenzug,sonst kann ich mir das nicht richtig vorstellen,was du da meinst.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 55555 am Freitag 8. Mai 2009, 22:32

Solche Begebenheiten wie von dir genannt meine ich. Ausgrenzung verstehe ich als fließendes Phänomen. Ausgrenzung ist nicht unbedingt ein totaler Bruch durch Personen mit höflichen Verhaltensauffälligkeiten, es kann auch eine Vergrößerung der Distanz sein.
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Beitragvon azrael am Samstag 9. Mai 2009, 09:43

in meinen schulzeugnissen tauchte ständig das wort "höflich" auf. in mir erweckten die sätze mit "höflich" den eindruck, als sei ich in irgendeiner weise mit den anderen schülern in einem gruppengefüge involviert gewesen. schon damals dachte ich, dass ich falsch beurteilt werde. denke jedoch nicht, dass die lehrer damit verschlüsselt zu verstehen gaben, dass ich "aalglatt" auf distanz ging in bezug zu den anderen. obwohl es besser gewesen wäre, wenn sie mich tatsächlich so beschrieben hätten, wie ich mich selbst wahrnahm. in keinem zeugnis tauchte zum beispiel auf, dass ich sehr oft mit dem stuhl kippelte oder fragen nicht beantworten konnte. die zeugnisse vermitteln den eindruck, als hätte ich mich perfekt in das soziale gefüge eingepasst. was nicht der fall ist.
gleiches bei arbeitszeugnissen: warum müssen diese einen arbeitnehmer umschleimen? persönlich fände ich es besser, wenn die beschreibungen auch tatsächlich der beschriebenen persönlichkeit und den fähigkeiten entsprechen.
so gesehen ist die eventuelle höflichkeit negativ - aber sie führt zu einem ziel. "geschmeidig bleiben" mit worten um persönliche oder andere ziele durchzusetzen.
für mich hat dieses etwas von einer turmuhr mit figuren, die sich abwechselnd zeigen und irgendein sinnvolles für mich nicht erkennbares schauspiel vollführen, das die meisten menschen begeistert.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 55555 am Samstag 9. Mai 2009, 11:11

Vielleicht hast du einen braven Eindruck gemacht und dies war gemeint?
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Beitragvon azrael am Samstag 9. Mai 2009, 12:07

apathisch? wenn es eine genaue beschreibung für einen äußeren zustand gibt, warum wird dann dieser nicht verwandt?

in einem buch hatte ich kürzlich gelesen, dass andere menschen "genügend höflichkeit" besaßen um eine andere person nicht nach ihrem befinden zu fragen, da sie sich bereits selbst darüber bewusst war, sehr anders als sonst auf die anderen gewirkt zu haben. also ist das auch etwas, was andere sich von ihrem gegenüber wünschen, situationsabhängig. allerdings würde ich das wieder als erwünschte ignoranz anderer bezeichnen. die frage wäre jedoch, woher andere wissen, wann sie mit ignoranz reagieren "sollen" und wann sie die gleiche person überschwänglich trösten, wenn sie nach außen hin in der art gleichartig erscheint.

als persönlichkeitsstörung würde ich "höflichkeit" vielleicht deswegen nicht bezeichnen, weil es wohl immer auf die beziehung zwischen mindestens zwei personen zueinander ankommt und deren persönlichen erwartungen. neurologische vielfalt, schreibe ich da nur...
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 55555 am Samstag 9. Mai 2009, 13:34

Die Begrifflichkeit "Höflichkeit" ist vielleicht oft etwas verschwommen in ihrer Darstellung, auch da es meist als positive Eigenschaft dargestellt wird und dementsprechend andere Seiten besonders hervorgehoben werden als es hier der Fall ist. Dennoch gegen ich davon aus, daß es um ein und dieselbse Sache geht und meine Gedanken oben zutreffen.
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