Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Bluna am Samstag 9. Mai 2009, 17:40

Also so verstanden,war ich dann schon sehr oft unhöflich und mein Sohn dann auch.
Ich möchte schon so sein,wie ich eben bin.
Ich verstehe Höflichkeit als etwas ,was von mir kommt.
Wenn aber andere meinen,sie hätten da einen Anspruch auf gewisse Verhaltensweisen meinerseits,dann werde ich sie eben enttäuschen.
Wenn einer meint er muß mich dann noch aufgrunddessen aus seinem Kreise aussortieren,dann muß ich sagen,dass ich dort gar nicht einsortiert sein will.
Ist mir schon oooft so gegangen.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Hans am Samstag 9. Mai 2009, 21:37

dito
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Andreas K. am Freitag 12. Juni 2009, 23:51

NA/NT, welche Höflichkeit wie einen Suchtstoff suchen, verlangen diese meist von anderen. Sie selbst können auch ganz anders, wenn ihnen ihrer Auffassung nach unhöflich begegnet wird.

Die Erwartunghaltung "Höflichkeit" wird damit wie zu einem Seil, wo andere drüberhopsen müssen. Dies bedeutet im Klartext Unterwerfung. Wer Höflichkeit fordert, maßt sich Macht an.
Sie ist dem Begriff nach dem Feudalismus entlehnt und gehört als vermeintliche Tugend dem konservativen Wertekanon an.

Häufig ist nicht nur Anpassung in der Form gemeint, sondern auch willige Zustimmung zu den inhaltlichen Aussagen der "Höflichkeitssüchtigen".
Besonders von Angehörigen von Dienstleistungberufen wird Höflichkeit erwartet. Ich bin Taxifahrer, über also einen solchen aus.

Es gibt den rhetorischen Trick der "Sklavensprache", einer verdeckten Ironisierung.
Wenn ein Fahrgast, der eher aus dem Bürgertum (Geschäftsmann/frau, Beamte/r...) kommt, mir z.B. Vorurteile über AusländerInnen, Behinderte etc... um die Ohren schlägt und ganz selbstverständlich erwartet, daß ich zustimme, wende ich diese an.
Ich bin dann formal überhöflich. Z.B. " Ich weiß, daß ich als Dienstleister zur Zurückhaltung verpflichtet bin. Ihnen gegenüber habe ich Beförderungspflicht und über sie aus. Im Rahmen der grundgesetzlichen Meinungsfreiheit möchte ich ihnen dennoch widersprechen..." Danach zerpflücke ich seine/ihre Argumente. Ich halte ihm einen Spiegel vor, bin formal höflich, aber fechte per Florett. Ich werde NIE persönlich. Der "Höflichkeitserwartende" wird ins Unrecht gedrängt, das dann ggf. als erster tun zu müssen.
Beschwert hat sich nach solchen Gesprächen auf dem Level höherer Alltagsdiplomatie noch nie jemand über mich. Die Reaktionen reichen von angestrengt formal bleiben (bei haarsträubenden Aussagen...) über Themenwechsel in der Hoffnung, ich möge doch bittebitte smalltalk machen bis hin zu Trinkgeldern und ehrlichem Dank, weil mal ein (wohl völlig unerwartetes...)aufrichtiges Streitgespräch mit einem völlig anders Denkenden drin war.
Jedenfalls ist es mir lieber, wenn ich ohne diese Höflichkeitserwartungen und Floskeln gleich aufrichtig sein darf. Auch dann neige ich nicht zu Beleidigungen.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Isabella am Dienstag 16. Juni 2009, 01:20

Unterschied zwischen rücksichtsvoll und höflich:
Wenn mich jemand schimpft, beleidigt oder anpöbelt, empfinde ich das eigenartiger Weise nicht als unhöflich oder rücksichtslos. Als unhöflich oder eher als Unsitte empfinde ich, wenn jemand schleimt, nach dem Mund redet, oder nicht mit seiner Meinung oder der Wahrheit raus rückt, um sich selbst besser da stehen zu lassen. Wenn mir in der Schwangerschaft jemand die Tür aufgehalten hat, oder wenn mir später jemand geholfen hat, den Kinderwagen in die U-Bahn zu tragen, habe ich mich schon gefreut. Aber auch da gab es einen kleinen Unterschied. Wenn diese Maßnahme visuell und/ oder verbal angekündigt und ebenso mit freundlichem Lächeln und ein paar netten Worten beendet war, empfand ich das als höflich. Wenn derselbe Vorgang (z.B. Kinderwagen über Stufen tragen) ohne Worte und Blickkontakt stattfand, so habe ich das eher als rücksichtsvoll empfunden.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Andreas K. am Freitag 19. Juni 2009, 01:00

Na ja, NA/NT möchten halt zur unmittelbaren Hilfe meist das einstudierte Lächeln und die "netten Worte" dazu haben. Uns ist die simple sachliche Unterstützung wichtiger.
Was die "Höflichkeit" betrifft: Dieser von mir kritisierte Begriff beschreibt in der Tat eher ehrlich gemeinte Rüpeleien als unehrlich gemeinte Schleimereien-- es sei denn, diese sind extrem dick aufgetragen und plump durchgeführt.
Höflichkeit hat häufig nichts mit Aufrichtigkeit zu tun (leider), und ist daher aus autistischer oder autismussolidarischer Sicht zu hinterfragen. Irgendwie merken es AutistInnen ja schon oft, ob geschauspielert wird,oder nicht, weil sie/wir mehr auf die Details achten als üblich.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Hans am Freitag 19. Juni 2009, 06:04

Ja ich finde auch, daß man höflichkeit und Rüchsichtnahme nicht gleichstellen darf,
es haben sich auch die Leute des "niederen" Volkes gegenseitig rücksichtsvoll behandelt
ohne die höfischen Formen zu waren.
Das geht es dem Fünfer wie mir, die Titel der Threats kann man meistens noch verbessern.
Jetzt versuche ich es mal:
Übertriebene Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon Andreas K. am Samstag 20. Juni 2009, 00:02

Daß Menschen aus dem "niederen Volk", den weniger privilegierten Gruppen, sich gegenseitig rücksichtsvoll verhalten, bezeichne ich als gelebte Solidarität. Dieser Begriff kommt nicht vom Hof der Adligen, sondern aus der Arbeiterbewegung. Dazu ist dennoch keine politische Ideologie von nöten, und mit einem etwas anderen Zugang als die Mehrheit können das auch autistische Menschen. Wir sind empathiefähig, aber anders (mehr übers Denken !).
Diese Eigenschaft gehört für mich zu den kostbaren Gütern, um deren Weiterbestand wir auf verschiedenen Ebenen kämpfen sollten. In den Mühlen eines oft von Konkurrenz, schlechten Erfahrungen und Mißtrauen bestimmten Alltags ist das nicht immer leicht.
 

Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 55555 am Samstag 20. Juni 2009, 08:34

Mir kam es auch darauf an auf unterschiedliche Begriffsherkunft hinzuweisen. Somit meinte ich nicht nur übertriebene Höflichkeit, sondern diese generell. Was ich darunter verstehe versuchte ich oben schon zu beschreiben.
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Re: Höflichkeit - eine Persönlichkeitsstörung?

Beitragvon 70609 am Freitag 2. März 2012, 04:56

Wenn ich mal bei einer Königin bin (ich hatte schon mit einer zu tun), dann bin ich höflich. So lange ich nicht zu Hofe bin, bin ich normal, wie es sich gehört. Und da ich direkt bin, ist das für viele, die mich nicht kennen, unhöflich, schroff oder gar frech. Jene, die mich kennen, schätzen zum Teil diese direkte Art.

Wenn jemand ein *** ist, dann sage ich das auch genau so, wie es ist. Jede Form der Verschönerung/Beschönigung verändert die Tatsachen und führt bei diesen Leuten zu einer Verschiebung der Eigenwahrnehmung. Ein Apfel ist auch ein Apfel, den als Birne oder Erdbeere zu verkaufen, wäre auch blödsinnig.
 

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