Außergewöhnliche Belastungen

Zitat:
"§ 33 Außergewöhnliche Belastungen
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2) Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören oder unter § 4f oder § 9 Abs. 5 fallen, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können. Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
[...]
Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat."

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33.html

Fallen in bestimmten Bereichen höhere außergewöhnliche Belastungen an, als der jeweilige Pauschbetrag gemäß GdB oder Merkzeichen H unter Berücksichtigung der jeweiligen zumutbaren Belastung beträgt (siehe weiter unten), können diese teilweise anstatt des Pauschbetrags einzeln belegt und abgesetzt werden. Dazu bedarf es nach neuester BFH-Rechtsprechung (Az. VI R 17/09 und VI R 16/09) nur eines normalen ärztlichen Attests. Früher verlangten Finanzämter teilweise das Gutachten eines Amtsarztes. (Quelle: http://www.ftd.de/karriere-management/recht-steuern/:recht-steuern-bunde... ) Es kann steuerlich Sinn machen große abzugsfähige Anschaffungen gezielt in einem Jahr vorzunehmen (vorher nachfragen, ob etwas tatsächlich anerkannt wird und die Auskunft schriftlich geben lassen!). Es gibt allerdings auch außergewöhnliche Belastungen, die direkt geltend gemacht werden können, ohne daß der Pauschbetrag betroffen wäre (siehe zweite Liste weiter unten). Kosten, die bereits die Krankenkasse übernahm können vermutlich bis auf mögliche Eigenanteile nicht abgesetzt werden. Pauschbetrag, Freibeträge, Werbungs- und sonstige absehbare Kosten auf Antrag unter Umständen in der Lohnsteuerkarte eingetragen werden, um die laufend abgeführten Steuern zu mindern. Solche anstelle des Pauschbetrags ansetzbare Belastungen im Sinne des Steuerrechts sind z.B. (wer etwas anerkannt bekam, das nicht unten als Beispiel genannt wird, soll das gerne mitteilen, zwecks Vervollständigung dieser Seiten):

  • Besondere Einbauten in der Wohnung, die im allgemeinen wegen mangelnder Nachfrage durch die Durchschnittsbevölkerung zu keinem entsprechenden Gegenwert führen, z.B. ein Floatingtank zur Entspannung oder Snoezelutensilien
  • Hilfsmittel, wie z.B. unter Umständen eine Sqeezebox, ein Dreirad oder IRLEN-Brillen (kommt auf den Einzelfall und den Sachbearbeiter an, im Zweifel kann vor der Anschaffung nachgefragt werden, ob diese dementsprechend anerkannt würde, bei Ablehnung zwecks Unterstützung eventuell Rücksprache mit der Enthinderungs-SH halten)
  • Mehraufwand an Wäsche
  • regelmäßige Kosten für Therapien und Arzneien bezüglich durch gesellschaftliche Diskriminierung hervorgerufene Krankheiten
  • laut Gesetz wie oben nachzulesen ausdrücklich nicht in diesem Sinne abzugsfähig sind Kosten für spezielle Nahrungsmittel

Die jeweilige zumutbare Belastung wird in % des Jahreseinkommens bestimmt und ist laut §33,3 EStG (der oben im Gesetzesauszug nicht zitierten Tabelle) vom Einkommen, sowie von der Berechnungsgrundlage der Einkommensteuer und vom Vorhandensein von Kindern abhängig:

  • Bei einem Jahreseinkommen bis 15.340€ beträgt die zumutbare Belastung bei einer Besteuerung nach der Grundtabelle 5% desselben; bei einer Besteuerung nach der Splittingtabelle 4%; beim Vorhandensein von bis zu zwei Kindern 2%; beim Vorhandensein von drei oder mehr Kindern 1%
  • Bei einem Jahreseinkommen von 15.341€ bis 51.130€ beträgt die zumutbare Belastung bei einer Besteuerung nach der Grundtabelle 6% desselben; bei einer Besteuerung nach der Splittingtabelle 5%; beim Vorhandensein von bis zu zwei Kindern 3%; beim Vorhandensein von drei oder mehr Kindern 1%
  • Bei einem Jahreseinkommen über 51.130€ beträgt die zumutbare Belastung bei einer Besteuerung nach der Grundtabelle 7% desselben; bei einer Besteuerung nach der Splittingtabelle 6%; beim Vorhandensein von bis zu zwei Kindern 4%; beim Vorhandensein von drei oder mehr Kindern 2%

Ob der Pauschbetrag demnach tatsächlich übertroffen werden kann, läßt sich bestimmen, indem man den vorliegenden Pauschbetrag und die jeweilige zumutbare Belastung zusammenrechnet. Darüber hinaus können wie oben schon erwähnt weitere Ausgaben neben den Pauschbeträgen abgerechnet werden.

Zitat:
§ 33a Außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen

[...]

(3) Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen durch die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt, so können sie bis zu den folgenden Höchstbeträgen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden:

624 Euro im Kalenderjahr, wenn

  1. der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte das 60. Lebensjahr vollendet hat oder

  2. wegen Krankheit des Steuerpflichtigen oder seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder eines zu seinem Haushalt gehörigen Kindes, für das er oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat, oder einer anderen zu seinem Haushalt gehörigen unterhaltenen Person, für die eine Ermäßigung nach Absatz 1 gewährt wird, die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt erforderlich ist,

924 Euro im Kalenderjahr, wenn eine der in Nummer 1 Buchstabe b genannten Personen hilflos im Sinne des § 33b oder schwer behindert ist.
Erwachsen einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege Aufwendungen, die Kosten für Dienstleistungen enthalten, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind, so können sie bis zu den folgenden Höchstbeträgen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden:

624 Euro, wenn der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte in einem Heim untergebracht ist, ohne pflegebedürftig zu sein,
924 Euro, wenn die Unterbringung zur dauernden Pflege erfolgt.
Die jeweiligen Höchstbeträge der Sätze 1 und 2 können auch bei Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 vorliegen, insgesamt nur einmal abgezogen werden, es sei denn, die Ehegatten sind wegen Pflegebedürftigkeit eines der Ehegatten an einer gemeinsamen Haushaltsführung gehindert.

(4) Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die in den Absätzen 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, ermäßigen sich die dort bezeichneten Beträge um je ein Zwölftel. Eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person oder des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, vermindern die nach Satz 1 ermäßigten Höchstbeträge und Freibeträge nicht. Als Ausbildungshilfe bezogene Zuschüsse mindern nur die zeitanteiligen Höchstbeträge und Freibeträge der Kalendermonate, für die die Zuschüsse bestimmt sind.

(5) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 kann wegen der in diesen Vorschriften bezeichneten Aufwendungen der Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung nach § 33 nicht in Anspruch nehmen...


Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33a.html

Zitat:
Durch die wahlweise Berücksichtigung der behinderungsbedingten Aufwendungen in Form der um die zumutbare Belastung geminderten tatsächlichen Aufwendungen oder des Behinderten Pauschbetrags [sic!] werden nur die durch die Behinderung laufend unmittelbar entstehenden Mehraufwendungen (typische Mehraufwendungen) berücksichtigt. Entstehen dem behinderten Menschen darüber hinaus noch andere Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu behandeln sind, können diese zusätzlich zum Abzug gebracht werden.

Quelle (eine zu diesem Thema allgemein brauchbare Broschüre des Finanzministeriums Baden-Württemberg): www.u-asta.uni-freiburg.de/engagement/referate/soh/steuertipps.pdf
Als Außergewöhnliche Belastungen, die neben dem Pauschbetrag unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung abgesetzt werden können, kommen im Klartext z.B. in Betracht, sofern diese Posten nicht von anderen Stellen übernommen werden oder wurden:
  • Aufwendungen für Haushaltshelfer (z.B. für putzen, kochen, waschen, einkaufen), sofern diese erforderlich sind, bis zu einem Höchstbetrag von 624€ pro Jahr. Liegt ein GdB von mindestens 50 oder Merkzeichen H vor erhöht sich der Betrag auf 924€ pro Jahr. Verheiratete, die nicht dauerhaft getrennt leben können zusammen nur einmal die genannten Beträge absetzen, auch wenn beide einzeln die Voraussetzungen erfüllen würden.
  • Außerordentliche Krankheitskosten, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Solche Krankheitskosten können aber auch eine Folge der Behinderung sein (was bei Autisten ja vieles ist) und durch einen "akuten" Anlaß verursacht worden sein. Das wären z.B. selbst zu tragende Kostenanteile bei Zahnarzt und Optiker, für Operationen, für Hilfsmittel wie Einlagen für Schuhe, eigene Kostenanteile für Arzneien und sonstige Heilmittel oder für Therapien aufgrund von akuten Problemen mit dem Lebensumfeld, etc.
  • Infolge der Behinderung entstehende "angemessene" private Kfz-Kosten, die nicht Werbungskosten Betriebsausgaben oder Sonderausgaben darstellen. Die Fahrten können auch Fahrten sein, bei denen ein Autist im eigenen Interesse von anderen in deren Pkw gefahren wurde. Bei Fahrten mit dem Taxi oder anderen Verkehrsmitteln kann die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten beantragt werden. Aus Vereinfachungsgründen wird bei Personen mit GdB 80 oder GdB 70 und Merkzeichen G offenbar eine jährliche Fahrleistung von bis zu 3000km als angemessen angesehen, wobei in der Regel jeder km mit 0,30€ veranschlagt wird. Bei Inhaber des Merkzeichens H erhöht sich diese Summe auf 15.000km jährlich. Die reale Fahrleistung bis zu diesen Werten ist nachzuweisen. Im Einzelfall kann auch eine höhere Fahrleistung anerkannt werden, wenn die Ursache eine "spezielle Behinderung" ist und der Umstand nachgewiesen wird, wozu die Führung eines (kommentierten?) Fahrtenbuchs empfohlen wird. Im Einzelfall kann auch ein höherer Kostensatz pro km angesetzt werden, z.B. wenn die Fahrleistung behinderungsbedingt besonders gering war oder Spezialfahrzeuge verwendet werden.
  • Bei "ständiger Pflegebedürftigkeit" (siehe auch die sinngemäßen Anmerkungen zu Merkzeichen H auf der Seite zu den Merkzeichen) Aufwendungen für ambulante Pflegekräfte. Voraussetzung ist Pflegebedürftigkeit im Sinne des §14 SGB11 und kann durch Merkzeichen H oder die Bewilligung einer Pflegestufe nachgewiesen werden.
  • Aufwendungen für verordnete Kuren, bei denen man sich in ärztlicher Behandlung befindet. Näheres siehe oben verlinkte Broschüre des Finanzministeriums Baden-Württemberg, S. 16-17.